Mikrogefügebestandteile des Gusseisens
Mikrogefüge des Gusseisens im Wettstreit
Die Anwendungseigenschaften von Gusseisen hängen von ihrem Mikrogefügeab, die sich in Abhängigkeit von der Zusammensetzung, den Abkühlungsbedingungen des Verfahrens, der Durchführung bestimmter technologischer Vorgänge wie der Impfung und der Sphäroidisierung, sowie eventuellen Wärmebehandlungen entwickelt und stabilisiert.
In einigen Fällen besteht ein echter Wettstreit zwischen verschiedenen Arten von Mikrogefügen. Zum Zeitpunkt der eutektischen Erstarrung kann das austenitische Gefüge mit Graphit (das fast immer gewünschte Ergebnis) oder Zementit (nur bei bestimmten Arten von Gusseisen) verbunden sein.
Zudem kann Graphit verschiedene Morphologien (ausferritisch, kompakt, lamellenförmig), die das endgültige Verhalten des Gusseisens bedeutend beeinflussen. Bei der Zersetzung von Austenit bei Temperaturen im Bereich von 740 °C können Mikrogefügebestandteile wie Ferrit oder Perlit (oder beides) gebildet werden, was von der spezifischen Zusammensetzung abhängt.
Schließlich muss während der Austempering-Wärmebehandlung, bei der das austenitische Gefüge erzeugt werden soll, die Bildung von Karbiden und bainitischen Gefügen vermieden werden.
Erstarrung und eutektisches Gefüge: Zementit und Graphit
Bei der eutektischen Erstarrung eines Fe-C-Systems kann die stabile eutektische Erstarrung (Austenit + Graphit bei der Nenntemperatur von 1153 °C), oder das metastabile eutektische Gefüge (Austenit + Zementit bei der Nenntemperatur von 1147 °C) erzeugt werden.
In Wirklichkeit bilden sich solche Gefüge nicht bei der Nenntemperatur, sondern bei einer niedrigeren Temperatur, die durch die Umwandlungskinetik bestimmt wird und anhand der Unterkühlung beurteilt werden kann.
Das stabile Eutektikum, dessen Erstarrungsmechanismus relativ komplex ist (da es die Bildung von Zonen erfordert, die nur aus Kohlenstoff bestehen), benötigt eine hohe Unterkühlung.
Hingegen ist das metastabile Eutektikum „leichter“ zu bilden und ist mit einer Unterkühlung um einige Grad Celsius verbunden. Ohne äußere Einwirkung ist die Erstarrung von Gusseisen daher mit der Bildung eines metastabilen Eutektikums verbunden.
Diese Situation kann jedoch durch verschiedene Faktoren verändert werden, z. B:
- Das Vorhandensein in der Zusammensetzung des Gusseisens von graphitbildenden Elementen (wie insbesondere Silicium), die die Nenntemperatur desmetastabilen Eutektikums erhöhen können;
- Eine langsame Kühlung, die die Ansammlung von kohlenstoffreichen Zonen begünstigt;
- Die Impfbehandlung, die darin besteht, dass feine Pulver von Substanzen, die als „Plattform“ für die Graphit-Keimbildung dienen, in das flüssige Gusseisen eingebracht wird.
Austenit
Austenit ist das Mischkristall des Kohlenstoffs im kubisch-flächenzentrierten Gefüge von Eisen. Aufgrund der geometrischen Merkmale dieses Gitters und der atomaren Dimensionen von Eisen und Kohlenstoff ist die Löslichkeit des Kohlenstoffs selbst im Austenit recht hoch und erreicht unter den günstigsten Temperaturbedingungen Werte von knapp über 2 Gewichtsprozent.
In untereutektischem Gusseisen ist Austenit die erste Phase, die erstarrt. Jedenfalls ist Austenit einer der Gefügebestandteile, die bei der eutektischen Erstarrung (sowohl stabil als auch metastabil) von Gusseisen entstehen.
Bei Erreichen der eutektoiden Temperatur ist Austenit nicht mehr stabil und wandelt sich, je nach den Bedingungen, in Ferrit oder Perlit oder beides um.
Eine schnelle Abkühlung kann bewirken, dass Austenit auch unterhalb der eutektoiden Temperatur vorhanden ist: in diesem Fall kann eine isotherme (oder “isothermische”) Behandlung bei konstanter oder angemessener Temperatur zur Bildung von Ausferrit führen.
Ferrit und Perlit
Bei Erreichen der eutektoiden Temperatur befindet sich die austenitische Phase nicht mehr in einem thermodynamisch stabilen Zustand und neigt daher zur Umwandlung.
Diese Umwandlung führt zunächst zur Bildung von Ferrit (das zur Keimbildung und zur Entwicklung an der Grenzfläche zwischen dem Graphit und dem Austenit selbst neigt), und zur Freisetzung von Kohlenstoff, der sich am bereits vorhandenen Graphit ablagert.
Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Ferrit den Graphit “umschlossen“ hat, wird aus kinetischer Sicht die Bildung von Perlit, d. h. einer Struktur mit abwechselnden Lamellen aus Ferrit und Zementit viel einfacher.
Die Entwicklung der Zersetzung des Austenits zu einem ferritischem und perlitischem oder gemischtem Gefüge hängt von der Zusammensetzung des Gusseisens (Silicium ist ein ferritisierendes Element; Kupfer und Zinn sind perlitisierende Elemente) und von der Abkühlungsgeschwindigkeit (wenn sie hoch ist, wird die Bildung von Perlit begünstigt) ab.
Ein sphäroidales Gusseisen mit ferritischer Matrix weist gute duktile Eigenschaften auf, eine perlitische Matrix zeichnet sich durch höhere Festigkeit aus.
Die Kontrolle der Menge an Ferrit und Perlit in der Matrix bedeutet, die Eigenschaften von Festigkeit und Duktilität des Gusseisens beeinflussen zu können.
Ausferrit
Das sogenammte ausferritische Gefüge entwickelt sich im Laufe der Austempering-Behandlung. Bei Austempering-Temperaturen (ungefähr zwischen 250 und 400 °C) ist Austenit nicht stabil und neigt zur Umwandlung.
Das erste Ergebnis der Umwandlung ist die Entwicklung von nadelförmigem Ferrit und die Anreicherung mit Kohlenstoff von Seiten des noch nicht umgewandelten Austenits.
Das so beschriebene Gefüge (Ferritnadeln, die eng mit einer Matrix aus kohlenstoffreichem Austenit vermischt sind) wird als Ausferrit bezeichnet.
Dieses Gefüge weist eine hervorragende Kombination aus Zähigkeit und Festigkeit auf und verleiht Gusseisen mechanische Eigenschaften, die mit denen der besten Stähle durchaus vergleichbar sind.
Wenn die isotherme Behandlung fortgesetzt wird, führt der Kohlenstoffüberschuss im Austenit nach und nach zur Bildung von Eisenkarbiden und einer Schwächung der mechanischen Eigenschaften und der Zähigkeit.